Vierter Wiener Erdwärmetag am 20.06.2022 von 09:00 - 12:00

 

Der Wiener Erdwärmetag 2022 fand heuer als hybrid Veranstaltung am 20.6. an der Universität für Bodenkultur Wien statt. Dieses Jahr widmete sich der Erdwärmetag dem Thema: 

 

"Geothermische Kühlung im Zusammenhang mit urbanen Wärmeinseln und dem Grundwasserschutz -

Wie die Erdwärme helfen kann das Stadtklima zu verbessern"

 

Durch großflächige Bebauung, fehlende Vegetation und Abwärme sind „urbane Wärmeinseln“ im Zusammenspiel mit dem Klimawandel ein zunehmendes Problem. Dies führt gleichzeitig zur Erwärmung des Grundwassers und einem zunehmenden Kühlbedarf. Eine koordinierte Nutzung des Grundwassers kann jedoch einerseits zur Kühlung von Gebäuden eingesetzt werden und andererseits über den Wärmeentzug dazu beitragen, Wärmeüberschüsse im Untergrund abzubauen. Im Rahmen der Veranstaltung wurden neben der geothermischen Nutzung des Grundwassers auch Kühlungskonzepte mittels geschlossener Wärmetauscher vorgestellt, die zur Verbesserung des Stadtklimas beitragen können. Traditionsgemäß wurden auch wieder aktuelle Informationen aus Wien präsentiert.

 

Der Wiener Erdwärmetag war heuer eine Kooperation der Geologischen Bundesanstalt mit der Stadt Wien | Energieplanung,

dem GTÖ und dem BOKU-Energiecluster der Universität für Bodenkultur Wien.


Die Vorträge des vierten Wiener Erdwärmetags können Sie hier nachsehen

 

Begrüßung durch die VeranstalterInnen

Stadtrat Jürgen Czernohorszky (Stadt Wien), Bernd Vogl (Stadt Wien), Gernot Stöglehner (Universität für Bodenkultur Wien),

Peter Seifert (Verein Geothermie Österreich), Gregor Götzl (Geologische Bundesanstalt)

Die Begrüßung erfolgt durch die VeranstalterInnen. Besonderes Augenmerk wird hierbei auf die großen Herausforderungen in Bezug auf den Klimawandel und dem Krieg in der Ukraine gelegt. Die derzeitige Situation zeigt einmal mehr wie wichtig die Energiewende ist und welche Relevanz die Erdwärmenutzung hierfür hat. Beim Ausstieg aus fossilen Brennstoffen soll letztlich das Klima geschützt, aber auch die Abhängigkeit von fremden Energielieferanten reduziert werden. Für diesen Zweck sollen klimaschädliche Energieträger sukzessiv durch klimafreundliche Energieformen ersetzt werden, und gerade die Erdwärme zählt hierbei zu den vielversprechendsten Wärmelösungen der Zukunft. Da beim Ausbau von Erneuerbaren auch der Umweltschutz eine wichtige Rolle spielt, widmet sich der Erdwärmetag dieses Jahr speziell dem Grundwasser, das als mögliche Energiequelle ein wichtiges und sensibles Gut darstellt. Darum ist es besonders wichtig Synergien zwischen der Geothermie und dem Grundwasserschutz zu nutzen.

 

 


Aktuelle Informationen und Projekte von Seiten der Stadt Wien – Energieplanung

Stefan Sattler (Stadt Wien Energieplaung)

Aktuelle Aspekte der Erdwärme aus Sicht der Energieplanung der Stadt Wien, präsentiert von Stefan Sattler (Stadt Wien Energieplanung – MA 20). Dabei präsentiert er den Wiener Klimafahrplan mit dem die Klimaneutralität bis 2040 erreicht werden soll. Zu den Zielen gehört eine Senkung des Energieverbrauchs, die Energieversorgung komplett auf erneuerbare Energien umzustellen und die Infrastruktur in Wien anzupassen. Um den Anteil von Öl und Gas sukzessiv zu verringern sollen Geothermie und Photovoltaik einen wesentlichen Beitrag leisten. Hierfür arbeitet die Stadt Wien am sogenannten Konzept „Wiener Wärme & Kälte 2040“. Außerdem stellt Stefan Sattler eine neue Förderung für Anergienetze in Verbindung mit Wärmepumpen für bis zu drei Objekten, sowie Rahmenbedingungen für Geothermiebohrungen im öffentlichen Raum, vor. Eine zentrale Anlaufstelle für Fragen, Informationen und Beratung der Bevölkerung soll das Zentrum für erneuerbare Energie werden, welches mit Juli 2022 startet.

Weitere Informationen und Kontakt

www.energie.wien.at | post@ma20.wien.gv.at


Aktuelle Markttrends zur Erdwärmenutzung in Wien

Veronika Turewicz (Geologische Bundesansalt)

Veronika Turewicz (Geologische Bundesanstalt) gibt einen Überblick über die allgemeine Marktsituation der Wärmeversorgung in Wien, sowie über Markttrends speziell zur Erdwärmenutzung. Betrachten wir den Endenergieverbrauch machen knapp 50% Raumwärme und Warmwasser aus. Trotz starkem Bevölkerungswachstum ist der pro Kopf Endenergieverbauch in Wien zurückgegangen. Am Heizungsmarkt dominieren die leitungsgebundenen Energien Fernwärme und Erdgas als Hauptenergiequellen, und erneuerbare Wärme macht nur einen kleinen Teil aus. Dennoch ist die Nutzung von Erneuerbaren Energien in Wien in den letzten Jahren deutlich gestiegen, was aber vor allem auf den erhöhten Einsatz biogener Brenn- und Treibstoffe sowie Biomasse zurückzuführen ist. In Bezug auf Markttrends speziell zur Erdwärmenutzung ist generell mit insgesamt 1340 Anlagen besonders ein erhöhter Einsatz von Erdwärmesonden zu erkennen. Im Vergleich gibt es nur insgesamt 829 thermische Grundwassernutzungen. Die meisten Grundwassernutzungs-Anlagen befinden sich im Bereich des Marchfeldgrundwasserkörpers. Im Allgemeinen ist ein steigender Trend der Erdwärmenutzung in Wien erkennbar. Es gibt aber noch genügend Potential für weitere Nutzungen.

 

Weitere Informationen und Kontakt

www.geologie.ac.at | veronika.turewicz@geologie.ac.at


Aktuelle Trends und Vorzeigeprojekte in Wien - Village im Dritten

Elisabeth Teufelsbauer (Wien Energie)

Elisabeth Teufelsbauer (Wien Energie) stellt das Energiekonzept für das Stadtentwicklungsgebiet „Village im Dritten“ vor. Dabei handelt es sich um ein Wohnbauprojekt auf einem Areal auf den Aspanggründen im 3. Wiener Gemeindebezirk. Auf rund 11 ha entstehen Wohnungen, Gewerbeflächen und Bildungseinrichtungen in kompakter Bauweise und mit insgesamt 2 ha Parkflächen. Das Energiekonzept ist unter anderem technisch und rechtlich innovativ, soll den Einsatz dezentraler erneuerbarer Energien für das gesamte Quartier ermöglichen, und somit eine sichere und preiswerte Energieversorgung für alle NutzerInnen des Quartiers bieten. Das Konzept wird durch eine Kooperation zwischen Wien Energie und der Bundesimmobiliengesellschaft umgesetzt. Die Versorgung soll über ein Anergienetz und lokal vorhandenen erneuerbaren Energieformen erfolgen. Erdsonden sollen den Raumwärmebedarf im Wohnbau zu rund 80 % decken. Der restliche Bedarf soll (Warmwasser und Spitzenlast) mittels Fernwärme abgedeckt werden.

Weitere Informationen und Kontakt

www.wienenergie.at | Elisabeth.Teufelsbauer@wienenergie.at


Vorstellung Projekt „Heat Below the City“

Cornelia Steiner (Geologische Bundesanstalt), Constanze Englisch (Universität Wien)

Das Projekt “Heat Below the City” wurde gestartet um einen Überblick über den Zustand des oberflächennahen Grundwassers hinsichtlich Chemismus, Ökologie und Temperatur zu gewinnen. Hintergrund des Projektes sind steigende Grundwassertemperaturen im Wiener Stadtgebiet in Folge der großflächigen Versiegelung, städtischen Tiefbauten wie Fernwärmeleitungen, Tunnel, Abwasserkanäle, sowie dem Klimawandel. Dabei stehen folgende Fragestellungen im Vordergrund: Wie kann man diese urbanen Hitzeinseln nachhaltig zur Energiegewinnung nutzen (Geothermie) und kommt es durch eine erhöhte Temperatur zur Beeinträchtigung der Qualität und Ökologie des Grundwassers. Im ersten Teil des Vortrages zeigt Cornelia Steiner (Geologische Bundesanstalt) die ersten Ergebnisse zweier Grundwassertemperaturmesskampagnen. Im zweiten Teil werden die Ergebnisse hinsichtlich Mikroorganismen und Grundwasserfauna von Constanze Englisch (Universität Wien) präsentiert. 

 

Weitere Informationen und Kontakt

www.geologie.ac.at | cornelia.steiner@geologie.ac.at

www.ecology.univie.ac.at | constanze.englisch@univie.ac.at


Thermische Nutzung des Grundwassers aus wasserwirtschaftlicher Sicht

Michael Samek (Bundesministerium für Landwirtschaft, Regionen und Tourismus)

In diesem Vortrag wird auf die Nutzung des Grundwassers aus wasserwirtschaftlicher Sicht eingegangen. Wie bereits erwähnt ist die Erhöhung der Grundwassertemperatur auf den Klimawandel, sowie zusätzliche anthropogene Einflüsse, zurückzuführen. In den Städten ist das Grundwasser mit 15° bis 20 °C Wassertemperatur bereits deutlich über dem natürlichen Niveau. Dabei bilden diverse rechtliche Regelwerke (z.B. Wasserrechtsgesetz 1959 oder Nationaler Gewässerbewirtschaftungsplan) die Grundlage für die thermische Nutzung vom Grundwasser. Außerdem gibt es wasserwirtschaftliche Grundsätze, die bei der Nutzung zu beachten sind. Dabei sollen quantitative und qualitative Schutzmaßnahmen, sowie eine möglichst geringe thermische Auswirkung des Grundwassers berücksichtigt werden. Da es vermehrte und unterschiedliche Interessen und Ansprüche an das Grundwasser gibt, ist ein umfassendes Grundwasser Ressourcenmanagement unbedingt erforderlich.

Weitere Informationen und Kontakt

www.bmlrt.gv.at | michael.samek@bmlrt.gv.at


Herausforderungen in der thermischen Grundwassernutzung aus Sicht der Praxis

Praxis passive Kühlung – Feldauswertungen

 

Robert Philipp (TERRA Umwelttechnik), Arne Komposch (RingGrabenKollektor)

Robert Philipp (TERRA Umwelttechnik) gibt im ersten Teil einen Überblick über die Funktionsweise der thermischen Grundwassernutzung, sowie über Probleme, die bei der Nutzung zu beachten sind. Eines der größten Herausforderungen stellt hierbei die Feinteilführung des Wassers dar. Beim Bau des Brunnens ist dabei zu beachten, dass der Brunnen an einer möglichst zugänglichen Stelle errichtet wird, damit die Feinanteile besser entfernt werden können. Brunnen sind als Bauwerke anzusehen und müssen daher auch regelmäßig gewartet werden. Die vorhandenen Normen spiegeln den Bedarf der Geothermie nicht wider. Daher sind neue Normen notwendig, die derzeit vom Verein Geothermie Österreich erstellt werden. Robert Philipp stellt außerdem zwei „Good Practice Beispiele“ vor.

Im zweiten Teil präsentiert Arne Komposch (RingGrabenKollektor) Praxisbeispiele der passiven Kühlung mittels Geothermie. Mit den steigenden Hitzetagen und Tropennächten steigt auch der Kühlbedarf in Wien. Die Wärmepumpe ist dabei die einzige Heizung, die auch die Fähigkeit zum Kühlen hat. Passive Kühlung hat das Potential die Raumtemperatur um 4 – 6 °C zu senken.

 

 

Weitere Informationen und Kontakt

www.terra.cc | robert.philipp@terra.cc

www.ringgrabenkollektor.at | technik@ringgrabenkollektor.at


Was können Erdsonden? - Erkenntnisse aus Betrieb und Simulation.

David Stuckey (Ingenieurbüro P. Jung)

David Stuckey (Ingenieurbüro P. Jung) referiert in seinem Vortrag über die Auslegung von Erdwärmesonden für Heiz- und Kühlzwecke. Dabei spielen diverse Parameter, wie Volumenstrom oder Vorlauftemperatur, eine wichtige Rolle. Für die richtige Dimensionierung einer Erdwärmesonde müssen diese Parameter aufeinander abgestimmt werden, da nur so die gewünschte Leistung geliefert wird. Damit höhere Entzugsleistungen beim Heizen und somit eine bessere bzw. auch die gewünschte Performance erzielt werden kann, sollte dem Kreislauf Frostschutzmittel beigefügt werden. Üblicherweise wird hierfür Ethylenglycol (25 %) verwendet, da es eine niedrigere Wärmekapazität und höhere Viskosität als Wasser hat. David Stuckey wirft die Frage auf, ob es hierfür ein besseres Medium gibt und stellt Ethanol (15%) als mögliche Wärmeträgerflüssigkeit vor. Mit diesem Medium kann die gleiche Leistung bei geringerem Volumenstrom erzielt werden und stellt somit ein geeigneteres Frostschutzmittel dar.

Weitere Informationen und Kontakt

www.jung-ingenieure.at | stuckey@jung-ingenieure.at


Lösungsansätze zur integrativen Grundwasser Bewirtschaftung aus Sicht der Geothermie

Gregor Götzl (Geologische Bundesanstalt)

Gregor Götzl (Geologische Bundesanstalt) präsentiert Lösungsansätze wie man das Grundwasser aus Sicht der Geothermie nachhaltig bewirtschaften kann. Bei Großanlagen ist der Einsatz von Grundwasser-Wärmepumpen deutlich günstiger als von Erdwärmesonden. Der Vorteil von Erdwärmesonden ist hingegen, dass der thermische Einflussbereich deutlich geringer ist und somit Nachbarsgrundstücke weniger beeinflusst werden. Diverse rechtliche Rahmenbedingungen regeln bereits die thermische Grundwassernutzung, wobei das „First come first served“ Prinzip gilt. Dieses Konzept ist jedoch nicht nachhaltig, da Summationseffekte in der Planung nicht mitberücksichtigt werden. Gregor Götzl stellt ein zyklisches Planungs- bzw. Bewirtschaftungskonzept vor, bei dem Informationssysteme im Zentrum stehen und Verfahren nicht bei der Kuratierung enden, sondern danach in ein Monitoring übergehen. Ein weiterer Punkt ist, dass geowissenschaftliche Informationen für nicht GeowissenschafterInnen zugänglich gemacht werden und bei der Planung berücksichtig werden können.

 

Weitere Informationen und Kontakt

www.geologie.ac.at | gregor.goetzl@geologie.ac.at


Moderierte Podiumsdiskussion

 

Michael Samek (Bundesministerium für Landwirtschaft, Regionen und Tourismus), Bernd Vogl (Stadt Wien), Robert Philipp (TERRA Umwelttechnik), Peter Seifert (Verein Geothermie Österreich), Dragisa Pantelic (Wien Energie)

 

Moderation: Gregor Götzl (Geologische Bundesanstalt)